Das Foto zeigt Marie Schäffer (rechts) mit Anwohner*innen und Vertretern der Forstbehörde beim Gespräch im Wald.

Das Foto zeigt Marie Schäffer (rechts) mit Anwohner*innen und Vertretern der Forstbehörde beim Gespräch im Wald.

Vor-Ort-Termin im Waldstück am Lindenpark

Nach den Baumfällungen im Babelsberger Wald am Lindenpark, die ich mit einer Dringlichen Anfrage bereits eine Woche zuvor im Landtag thematisierte, habe ich mich am 30. März mit engagierten Anwohner*innen, Vertretern der Forstbehörde und Andreas Walter, Grüner Stadtverordneter in Potsdam, zu einem Vor-Ort-Termin getroffen. Über das Ausmaß der Baumfällungen hatte ich mir bereits am Wochenende bei einem Spaziergang einen Eindruck verschafft. Nun wollte ich gemeinsam mit den Anwohner*innen und den Forstexperten am konkreten Beispiel die Fällungen, die Verantwortlichkeiten und gesetzlichen Grundlagen sowie Lösungsmöglichkeiten diskutieren.

Dass das Ausmaß der Baumfällungen und der aktuelle Zustand des Waldes bei den Anwohner*innen Sorge und Ärger auslösen, konnten alle Anwesenden gut verstehen. Jedoch gibt es keinen Anlass anzunehmen, dass die Arbeiten in irgendeiner Weise gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten haben. Der Wald sei 30 Jahre lang nicht gepflegt und bewirtschaftet worden. Durch die daher entstandene dichte Verwachsung sei es leider praktisch unmöglich, Bäume zu entfernen, ohne nebenstehende Bäume zu beschädigen. Das erklärt zum einen die auffälligen Schäden, zum anderen aber auch, dass sich die Waldbesucher*innen sehr an das naturbelassene Aussehen „ihres Wäldchens“ gewöhnt haben und Veränderungen ablehnen.

Die nächste und übernächste Generation an Bäumen steht aber bereits bereit, um die nun entstandenen Lücken zu füllen, wie die Förster erklärten. Den Tatbestand eines Kahlschlags erfüllen die Fällungen nicht. In wenigen Jahren werde man den Holzeinschlag der aktuellen Maßnahmen kaum noch erkennen können, insofern uns keine extrem trockenen Jahre bevorstehen.

Besonderen Anstoß nahmen die Anwohner*innen daran, dass der Minister das Vorgehen des Waldbesitzers bzw. der von ihr beauftragten Firma in seiner Antwort auf meine Dringliche Anfrage im Plenum als „vorbildlich“ bezeichnete. Was damit genau gemeint war, ist die vorhergehende Absprache mit den Forstbehörden, wo bei einem gemeinsamen Termin die Fällungen besprochen wurden. Denn der Besitzer ist dazu nicht verpflichtet; insofern er bestimmte Vorgaben einhält, muss er niemanden um Erlaubnis bitten. – Die drei Förster erläuterten auch, dass wohl jeder Förster und jede Försterin bei Fällungen unterschiedlich vorgehen würde und dass das, was ein Spaziergänger als hässlich oder massiven Einschlag empfindet, aus ökologischer Sicht nicht zwingend ein Problem darstellen muss. Sie hielten auch fest, dass aus Sicht der Verkehrssicherung eigentlich noch weitere Fällungen vorgenommen werden müssen.

Bei dem Gespräch wurde deutlich, dass sich am Beispiel des Waldes am Lindenparks der große Wachstumsdruck zeigt, der auf Städten wie Potsdam lastet. Grünflächen und Parks, und damit auch Stadtwälder, haben eine enorme Bedeutung für die Bewohner*innen dicht besiedelter Gebiete – für sportliche Betätigung, Naherholung, das Erleben der Natur. Hinzu kommt die ökologische Bedeutung dieser Orte. Wie weit die nächste grüne Ecke entfernt liegt, ist ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität vieler Menschen.

Doch die Ansiedlung von Arbeitsplätzen und den dazugehörigen Menschen zieht weiteren Flächenverbrauch in Form von Schulen, Sportplätzen, Krankenhäusern usw. usf. nach sich. Daher ist es durchaus berechtigt, dass sich Anwohner*innen von vermeintlich freien Flächen sorgen, dass der Wachstumsdruck letztendlich zu Bebauung führt. Daher ist es wichtig, dass die ökologische und die Erholungsfunktion dieser Naturflächen genauso anerkannt wird wie die Funktion z. B. einer Schule. Die übergeordnete Frage lautet also, wann Potsdam die Grenzen seines Wachstums erreicht hat und wie wir damit umgehen.

Diskutiert haben wir weiterhin die konkreten Möglichkeiten, Stadtwälder wie den Wald am Lindenpark zu schützen. Zunächst einmal sieht der aktuelle Bebauungsplan nicht vor, dass die Fläche anderweitig genutzt werden darf. Hier gilt es also, eine eventuelle Überarbeitung des Plans frühzeitig aufmerksam zu begleiten. Er endet zwar 2024, ist aber so lange gültig, bis ein neuer vorliegt und das kann geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Der Möglichkeit, das Waldstück als Erholungswald auszuweisen, rechnen die Ministeriumsvertreter leider wenig Chancen zu. Dabei handelt es sich um ein aufwendiges Verfahren, das alle Interessen sorgsam abwägt, also auch die Interessen des Eigentümers. Sie erläuterten auch, dass der Besitz eines Waldes durchaus hohe Kosten verursacht, dass also bei anderer Eigentümerschaft auch die Stadt gezwungen sein könnte, neben Verkehrssicherungsmaßnahmen auch forstwirtschaftliche Einschläge vorzunehmen. Größeren Erfolg rechneten sie der Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Stadt und Eigentümer zu, in dem klar vereinbart wird, in welchem Ausmaß forstwirtschaftlicher Einschlag vorgenommen wird. Im Gegenzug könnte sich die Stadt an Kosten und Arbeiten beteiligen.

Zusätzlich möchte ich mich in die geplante Novelle des Landeswaldgesetzes einbringen und dafür sorgen, dass Stadtwälder künftig besser vor privatwirtschaftlichen Interessen geschützt sind bzw. dass der Nutzen für die Anwohner*innen und die städtische Natur stärker berücksichtigt wird. Diesbezüglich habe ich im Nachgang des Gesprächs Kontakt mit dem Ministerium aufgenommen und werde den anstehenden Prozess zur Novelle des Landeswaldgesetzes gemeinsam mit meinen Fraktionskolleg*innen intensiv begleiten. Ich danke den Anwohner*innen, den Vertretern der Forstbehörde sowie Andreas Walter für dieses sehr informative, offene und konstruktive Gespräch, und wünsche mir, dass wir auch weiterhin im Gespräch bleiben.

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