Das Foto zeigt Mohnblumen im Vordergrund und ein Getreidefeld im Hintergrund.

Das Foto zeigt Mohnblumen im Vordergrund und ein Getreidefeld im Hintergrund.

Bericht: Meine Sommertour 2022

Gesundheit, Soziales und Lernen in jedem Alter

Ziel war es, mit Menschen ganz verschiedener Professionen ins Gespräch zu kommen und ihre Sorgen und Erfahrungen in die zweite Hälfte der Legislaturperiode mitzunehmen. Besonders wichtig war mir dabei, in die Bereiche Bildung, Gesundheit und Zusammenhalt hineinzuhorchen. Zwar wurde während der letzten Jahre viel über diese Themen gesprochen, aber meist mit einem Fokus auf die Corona-Krise. Deswegen weitete ich dieses Mal meinen Blick hin zu Problemen, die wir trotz der vielen globalen Krisen nicht aus den Augen verlieren sollten.

Vielen Dank an alle meine Gesprächspartner*innen für die spannenden Einblicke und die Offenheit, mit der Sie mir begegnet sind. Ich freue mich darauf, die geknüpften Kontakte künftig auszubauen und in einem regen Austausch zu bleiben!

Gesundheit:

Ein Schwerpunkt der Tour lag auf dem Thema Gesundheit, weswegen ich mich sehr gefreut habe, dass mich am ersten Tour-Tag meine Abgeordnetenkollegin und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion Carla Kniestedt begleitete.

Am Morgen trafen wir uns mit Hebammen des Geburtshauses Apfelbaum in Potsdam Babelsberg und dem Hebammenverband Brandenburg e.V. In einem sehr spannenden Gespräch zeigten sich viele Schnittpunkte unserer politischen Vorstellungen. Ziel von uns allen ist es, jede*r Frau die Wahl zu ermöglichen, wo sie* ihr* Kind zur Welt bringen möchte. Dabei geht es nicht darum Kliniken und Geburtshäuser gegeneinander auszuspielen, sondern sie als positive Ergänzung zu einem guten Gesamtsystem zu sehen, um gute und würdige Geburtsbedingungen in jedem Umfeld zu schaffen. Es gibt viele gute Ideen dies zu verwirklichen, wie Geburtshäuser, die an Kliniken angebunden sind oder hebammengeführte Kreißsäle. Wie in vielen Pflege- bzw. sozialen Berufen müssen wir aber auch die Arbeitsbedingungen verbessern. Das ist häufig einfacher gesagt als getan, denn durch fehlendes Personal ist die Arbeitsbelastung abschreckend hoch und um den Beruf attraktiver zu machen, müsste die Arbeitsbelastung schon vorher geringer erscheinen. Geburtshilfe lässt sich außerdem schlecht in Arbeitsstunden planen oder hochrechnen wie viele Hebammen in einem Krankenhaus benötigt werden. Mal dauert eine Geburt zwei, manchmal 36 Stunden, das spiegelt sich aber noch nicht in der Art der Abrechnung wieder. Zudem muss daran gearbeitet werden, dass Hebammen vor allem Hebammentätigkeiten ausführen, der hohe Grad an nicht fachspezifischen Tätigkeiten frustriert und bindet Zeit, die dringend für die gute Versorgung von werdenden Eltern eingesetzt werden sollte.

Marie Schäffer (links), Carla Kniestedt (rechts), Hans-Ulrich Schmidt (mittig)
Das Foto zeigt Marie Schäffer (links), Carla Kniestedt, MdL und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion (rechts), sowie Geschäftsführer des Ernst-von-Bergmann Klinikums Hans-Ulrich Schmidt

Wir bekamen zudem hilfreiches Feedback zum Hebammenaktionsplan, der eine wichtige Hilfe zur Gründung und Ausbau von Geburtshäusern und Hebammenpraxen ist, aber oft noch bürokratische Hürden bereithält. Carla Kniestedt nahm zudem noch eine kreative neue Idee für die Weiterentwicklung des Plans mit.

Am Nachmittag trafen wir den Geschäftsführer des Ernst-von-Bergmann Klinikums Hans-Ulrich Schmidt. So vielfältig die Krisen unserer Zeit sind, so vielfältig waren auch die Themen, die wir besprachen. Die großen globalen Probleme, u.a. die erhöhten Energiepreise, treffen zwangsläufig Krankenhäuser enorm. Eine Verdreifachung der Kosten in diesem Energiesektor bedeuten häufig Mehrkosten im sechs- oder siebenstelligen Bereich. Gleichzeitig sind auch in vielen anderen Bereichen Investitionen notwendig, die die Klinik gerne tätigen würde, dabei aber auf öffentliche Förderung angewiesen ist. Nach dem schweren Schlag in der ersten Coronawelle, ist das Klinikum nun gut gewappnet für die Bewältigung von Corona. Besonders das im Versorgungscluster West entstandene Vertrauen und die Zusammenarbeit der Kliniken hob der Geschäftsführer hervor.

Marie Schäffer (links) vor dem Fraunhofer-Institut

Ein paar Tage später besuchte ich das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse IZI-BB in Potsdam-Golm. Dort lernte ich die vielseitige Forschung des Instituts kennen und erhielt spannende Einblicke in die Forschung u.a. an FFP2-Maske mit integrierten Corona-Antigen-Schnelltest bis hin zu künstlichen Organen, die für Medikamentenstudien genutzt werden können. Gemeinsam mit der Institutsleiterin Dr. Eva Ehrentreich-Förster, der Verwaltungsleiter Katja Okulla und Dr. Katharina Kasack, zuständig für Transfer und Verwertung, sprach ich aber auch über die Probleme mit denen sich das Institut konfrontiert sieht. Beispielsweise bestehen viele innovative Grundlagenforschungen nicht den Übergang zur Massentauglichkeit, da dieser Übergang oft weder von staatlicher Seite gefördert wird, noch Firmen das damit verbundene Risiko eingehen. Mein Besuch zeigte, welchen wichtigen Beitrag Forschungseinrichtungen in Brandenburg liefern und dass wir als Teil der Regierung uns weiterhin dafür einsetzen müssen, zukunftsweisende Forschungseinrichtungen in Brandenburg zu halten und neu anzusiedeln.

Seit bereits 20 Jahren besteht die Potsdamer Health Focus GmbH, die ich auf Vorschlag und in Begleitung von Dr. Daniel Hönow besuchte. Sie steht für die Vielfalt der unternehmerischen Aktivitäten in meinem Wahlkreis und weist weit über die Region hinaus: Das Beratungsunternehmen im Gesundheitssektor unterhält fünf weitere Büros auf dem afrikanischen Kontinent. Die Geschäftsführer*innen Dr. Alois Dörlemann, Dr. Gerlinde Reiprich und Manja Naumann-Hustedt stellten mir ihre vielfältige Arbeit in den Bereichen Projektmanagement, Analyse und Bildung vor. Ihr Ziel ist es, international den Aufbau guter Gesundheitsstrukturen zu fördern. Neben Fragen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit diskutierten wir auch über konkrete Herausforderungen für Unternehmertum in Potsdam. Dabei stachen besonders hervor der Wunsch nach Verbesserungen bei der Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung sowie beim ÖPNV-Ausbau in und nach Potsdam.

Lebenslanges Lernen und Fördern:

Ein zweiter Schwerpunkt meiner Sommertour waren die Angebote im Bereich Bildung und Engagement in Potsdam und Teltow. Dafür setzte ich mich mit unterschiedlichen Teilbereichen davon auseinander und besuchte soziale Bildungseinrichtungen, Firmen und politische Akteure, die häufig auch innovative, digitale Lösungen nutzen.

Das Oberlinhaus ist eine grüne Ruheoase mitten in Babelsberg. Über die Stadtgrenzen hinaus bildet es ein wichtiges Kompetenzzentrum für Bildung, Pflege und Gesundheit – insbesondere für Menschen mit Behinderungen. So beherbergt das Areal z. B. eine der wenigen Schulen für Kinder mit einer Hörsehbehinderung in Deutschland. Bei einem Rundgang stellten mir die beiden Vorstände Dr. Matthias Fichtmüller und Thomas Neubauer sowie die Leitern des Immobilienmanagements Melanie Weber anhand einzelner Gebäude die verschiedenen Arbeitsbereiche des traditionsreichen Oberlinhauses vor. Dabei besprachen wir auch aktuelle Herausforderungen wie die Sicherstellung der Energieversorgung oder den Wettbewerb um Arbeitskräfte. Zuletzt stellte die Projektmanagerin Antje Bensching das Projekt IDEAL4.0 vor. Dieses soll Menschen mit Behinderungen softwaregestützt den Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Besonders spannend daran ist der Ko-Forschungsansatz, der die Gruppe der späteren Nutzer*innen bereits in der Produktentwicklungsphase in entscheidender Weise einbezieht und damit ihre Kompetenzen von Anfang an würdigt und stärkt.

Im schönen Buchkontor Teltow begrüßten mich Vanessa Arend-Martin, ihre Mitarbeiterinnen und Dr. Daniel Hönow, Leiter des IHK-Regionalcenters Potsdam und Potsdam-Mittelmark. Frau Arend-Martin erhielt 2022 den dritten Preis beim Unternehmerinnenpreis des Landes Brandenburg. Sie berichtete von ihrem schwierigen Start als Gründerin, aber auch davon, dass ihr Buchladen in den letzten Jahren zu einem sozialen Anlaufpunkt im Ortskern von Teltow geworden ist. Der Bücherverkauf im Laden ist allerdings nur eine Säule des Unternehmens. Entscheidend für den Erfolg sei vor allem die Belieferung von Schulen und Bibliotheken. Besonders bei der Schulbuchversorgung gelte es, regionale Wertschöpfungsketten stärker zu berücksichtigen und entsprechende Hürden im Vergaberecht abzubauen.

An einem schwülen Mittwochnachmittag begrüßte ich das Orga-Team der Potsdamer Stadtgruppe der Omas gegen Rechts im Landtag. Bei Kaffee und Kuchen stellten mir Ursula Löbel, Jutta Michelsen und Frank Kupferschmidt ihre wichtige Arbeit für Demokratie, Vielfalt und Toleranz vor. Gemeinsam überlegten wir, wie die Zusammenarbeit der Omas und Opas gegen Rechts im Land Brandenburg insgesamt gestärkt werden könnte. Für Potsdam äußerten sie den unterstützenswerten Wunsch, dass ehrenamtliches Engagement z. B. in Form von dauerhaft zur Verfügung stehenden, kostenfreien Vereinsräumen nachhaltig gewürdigt wird. Denn aktuell finden die regelmäßigen Gruppentreffen – woran ich im Anschluss an unser Gespräch im Landtag ebenfalls teilnahm – noch im bald vom Abriss betroffenen Staudenhof statt. In größerer Runde entstand eine angeregte politische Debatte, die auch kontroverse Themen nicht aussparte, wie zum Beispiel die Rolle des Verfassungsschutzes beim Kampf gegen rechte Verfassungsfeinde.

Marie Schäffer (rechts) in der Akademie 2. Lebenshälfte

Lebenslang Lernen und sich für die Gesellschaft engagieren, das hat sich die Akademie 2. Lebenshälfte zum Ziel gesetzt und ist mit ihrer vielfältigen Förderung für ältere Menschen einer der größten Bildungsträger in Brandenburg. Mit Anke Pergande (Leiterin des Geschäftsbereichs Süd) und Sabine Günther (Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen der Kontaktstelle Potsdam) sprach ich über die vielfältigen Angebote der Akademie. Besonders spannend wurde unser Gespräch als wir darüber sprachen, wie wir in einer sich immer schneller verändernden Welt älteren Menschen Themen, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit näherbringen. Wir waren uns einig, dass es viele unterschiedlich Formen der Kommunikation darüber benötigt, um eine nachhaltige Zukunft jede*m Menschen auf positive Weise zu vermitteln.

Durch ihr breites Netz an Kontaktstellen in Brandenburg ist die Akademie zudem ein besonders interessanter Ansprechpartner, wenn es um die Bedürfnisse von älteren Menschen geht, die sich häufig bei politischen Entscheidungen nicht mitgedacht fühlen.

Marie Schäffer (rechts) in der SLB

Das Bildungsforum und speziell die Stadt- und Landesbibliothek (SLB) sind in Potsdam seit Jahrzehnten wichtige Institutionen für lebenslanges Lernen und soziales Miteinander. Von Mitarbeiter*innen der SLB und der Leiterin Marion Mattekat erhielt ich einen Einblick in die unterschiedlichen Angebote der SLB. Schon seit den 90er Jahren arbeitet das SLB daran sich in der digitalisierten Welt breiter aufzustellen und mehr als eine „klassische“ Bibliothek zu sein. Vor allem die vielen konkreten Ansätze, den Gedanken des lebenslangen Lernens in der Stadt wirklich lebendig werden zu lassen, haben mich begeistert. Auch die Projekte im Digitalbereich und die online abrufbaren Angebote waren sehr beeindruckend. Allen Potsdamer*innen kann ich sehr die vielen Angebote ans Herz legen, die Ihr hier findet: https://www.bibliothek.potsdam.de/angebote.

Noch einmal an einem Kinder-Ferienprogramm teilnehmen, das konnte ich bei der Arche in Drewitz. An meinem Besuchstag stand ein „Tag der Kulturen“ auf dem Programm, an dem die Kinder viele unterschiedliche Speisen von zu Hause mitbrachten, zum Teil gemeinsam zubereiteten und in fröhlicher Runde probierten. Seit knapp 15 Jahren besteht die Potsdamer Einrichtung der in Berlin gegründeten Initiative, seit 2009 mit einem eigenen Gebäude neben der Grundschule am Priesterweg. Empfangen wurde ich vom Standortleiter Christoph Olschewski, der mir die wichtige Arbeit der Arche vorstellte: Neben regelmäßigen Essensangeboten für die Kinder und Jugendlichen gehören auch Hausaufgabenhilfe und Freizeitangebote sowie niederschwellige Beratungsangebote für Eltern dazu. Er berichtete, dass die aktuell steigenden Preise bereits jetzt finanziell benachteiligte Familien schwer belasten. Der Austausch hat mich darin bekräftigt, dass zivilgesellschaftliche Strukturen auf Dauer nicht dafür missbraucht werden dürfen, strukturelle Versäumnisse des Staates auszugleichen. – Sei es bei der angemessenen Betreuung und Begleitung benachteiligter Kinder in Bildungseinrichtungen oder bei der Unterstützung für Familien. Es ist höchste Zeit, dass die Sätze für Sozialhilfe und Hartz IV angehoben werden und die Kindergrundsicherung kommt. Überrascht und gefreut hat mich, wie stark das 9-Euro-Ticket den erwünschten sozialen Effekt hatte, dass Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Stadtteilen die Gelegenheit bekommen haben, mobiler zu sein und Angebote in anderen Stadtteilen anzunehmen oder auch einfach mal ohne Fahrkartenstress die Potsdamer Welterbeparks zu erkunden.

Zusammenleben in Potsdam und Brandenburg

Bei schönstem Wetter radelte ich in Begleitung von Bernd Rubelt, Potsdamer Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, sowie seinen Mitarbeiter*innen Frau Stolzmann, Bereichsleiterin Stadtraum Mitte, und Herr Schenke, Fachbereichsleiter Mobilität und technische Infrastruktur, durch die Potsdamer Innenstadt. Gemeinsam erläuterten sie mir jeweils vor Ort die vielen guten Pläne und Ideen für eine autoärmere Innenstadt, wie sie z. B. das Beteiligungsverfahren „Innenstadt – Straßenräume neu denken!“ hervorgebracht hat. Und wir tauschten uns darüber aus, welche Rahmenbedingungen das Land setzen muss, um die Verkehrswende überall voranzubringen. Nicht nur für die Potsdamer Innenstadt gilt, dass es eine Herausforderung ist, die vielen verschiedenen Nutzer*innengruppen des öffentlichen Raumes unter einen Hut zu bekommen. Hierbei sind Kompromisse und auch Kreativität gefragt, damit Umgestaltungen möglichst für alle einen Zugewinn an Lebensqualität darstellen.

Mein letzter Sommertour-Termin führte mich in die Friedrichskirche auf dem Babelsberger Weberplatz. Dort erwartete mich Martin Vogel, Beauftragter für die Länder Berlin und Brandenburg bei der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Die Kirche ist einer seiner Lieblingsorte. So hat er seine Examensarbeit zu einem mutigen Pfarrer geschrieben, der in der NS-Zeit dort gewirkt hat. Wir diskutierten über die Rolle der Kirche in unserer Gesellschaft und über die Rolle der Grünen Partei in Regierungsverantwortung. Auch der Bedeutung der Präsenz von Kirche und Kirchen im strukturschwachen Raum widmeten wir unser Gespräch. – So stehen in Brandenburg allein etwa 1600 denkmalgeschützte Dorfkirchen. Freundlich und in gegenseitigem Interesse haben wir auch kontroverse Themen wie den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche nicht ausgespart.

Nach vielen spannenden Gesprächen und Eindrücken starte ich nun wieder in den parlamentarischen Betrieb und nehme viele wichtige Impressionen mit.

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