Das Bürgerbegehren „Mietendeckel Potsdam“ verdeutlicht die Notwendigkeit einer vorherigen Prüfung der Rechtmäßigkeit

Marie Schäffer, MdL

Das Bürgerbegehren „Mietendeckel Potsdam“ hat in der wichtigen Debatte um Wohnraum für Alle einen Weg aufgezeigt, um bezahlbare Mieten in der Stadt zu ermöglichen. Inhaltlich gibt es gute Argumente dafür, dass das kommunale Wohnungsunternehmen Mieterhöhungen in nur in sehr engen Grenzen vornehmen sollte – aber auch ernst zu nehmende Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf die Möglichkeiten, unter diesen Bedingungen die Aufgaben eines kommunalen Wohnungsunternehmens weiter erfüllen zu können. 17.322 Potsdamer*innen haben sich mit ihrer Unterschrift dafür eingesetzt, dass diese Debatte in der Stadtverordnetenversammlung geführt und gegebenenfalls per Bürgerentscheid entschieden wird. 

Unabhängig davon, welche Meinung man zu dem aktuellen Bürgerbegehren vertritt: Für diese 17.322 Potsdamer*innen ist es ein herber Rückschlag, dass die Kommunalaufsicht nach Abschluss der rechtlichen Prüfung beschlossen hat, das Bürgerbegehren „Mietendeckel Potsdam“ für unzulässig zu erklären. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen, weil darauf verwiesen wird, dass Bürgerbegehren nicht zu Tarifen – in dem Fall die Höhe der Mieten der Pro Potsdam – eines kommunalen Versorgungsunternehmens durchgeführt werden dürfen.

Wenn Menschen kurz vor ihrem Ziel erfahren, dass ihr Vorhaben von Beginn an unzulässig war, dann muss sich etwas ändern. Diese Verfahrensweise muss unweigerlich zu Frustration und Unverständnis bei den beteiligten und engagierten Personen führen.

Zum Glück wird dies jedoch das wahrscheinlich letzte Bürgerbegehren gewesen sein, dem so etwas widerfährt. Brandenburg übernimmt hier eine Vorreiterrolle. Mit der Novellierung der Kommunalverfassung vom 30.06.2022 hat der Landtag bei der Beteiligung von Bürger*innen wichtige Änderungen vorgenommen.

Eine besonders wichtige Maßnahme ist, dass seit der Novellierung die rechtliche Prüfung der Zulässigkeit von Bürgerbegehren nach § 15 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg bereits mit Beginn der Unterschriftensammlung, einhergehend mit der Erstellung der amtlichen Schätzung der Kosten, zu erfolgen hat.

Die Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens können zu jeder Zeit des Verfahrens die Zulässigkeit prüfen lassen. Zur Initiierung eines Bürgerbegehrens müssen zwischen 16 und 112 Unterschriften, abhängig von der Größe der betroffenen Gemeinde, gesammelt werden.

Der aktuelle Fall des Bürgerbegehrens Mietendeckel Potsdam ist hoffentlich das letzte eindrückliche Beispiel dafür, wie wichtig die vorgenommenen Änderungen sind. So wird nicht nur die direkte, sondern auch die Demokratie in ihrer Gesamtheit gestärkt. Bürgerinnen und Bürger haben bessere Möglichkeiten, sich zu beteiligen und ihrer Meinung gemeinsam Gewicht zu verschaffen. 

Viele wichtige Schritte wurden bereits unternommen und einige stehen noch aus – zum Beispiel die vereinbarte Vorabprüfung auch bei Volksinitiativen auf Landesebene oder auch die Möglichkeit der Online-Eintragung für Volksbegehren. Die aktuelle Entscheidung der Kommunalaufsicht zeigt, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt, um der direkten Demokratie zu größerer Wirkung zu verhelfen. Deswegen fordern wir Bündnisgrüne weitere Verbesserungen u.a. indem der Ausschlusskatalog einer Prüfung unterzogen und entschlackt wird. Ein Ziel, welches wir in der aktuellen Koalition noch nicht erreichen konnten, für dass wir aber weiterhin kämpfen werden. *

*Hintergrund und Weiterführende Informationen

Die vergangenen Monate waren von vielfältigen Herausforderungen geprägt – neben den Sorgen aufgrund der Inflation und der steigenden Energiepreise, wächst vor allem die Angst vor nicht mehr zu bezahlbaren Mieten. Wie essentiell die Frage bezahlbaren Wohnens für die Stadt Potsdam ist, zeigen nicht nur die Diskussionen rund um die Josephinen-Wohnanlage oder den Staudenhof, sondern vor allem das Bürgerbegehren „Potsdamer Mietendeckel“.

Besonders für Menschen mit einem geringen Einkommen wird es zunehmend schwerer bezahlbaren Wohnraum zu finden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Deswegen fordern wir sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene, faire und bezahlbare Mieten, die für alle erschwinglich, familiengerecht und gemeinwohlorientiert sind, sowie starke Rechte für Mieter*innen. Dabei reicht es nicht aus, einfach nur neuen Wohnraum zu bauen. Darüber hinaus muss bereits vorhandener Wohnraum erhalten werden.

Die ersten Forderungen wurden in der Ampelkoalition bereits erfolgreich umgesetzt. Es sollen pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 im sozialen Wohnungsbau. Auch die Mietpreisbremse wird bis 2029 verlängert.  Im April 2022 startete das Bündnis bezahlbarer Wohnraum. Das Bündnis versteht sich als zentrale Kooperationsplattform der teilnehmenden Akteur*innen und wird in Form von Arbeitsgruppen in fünf Themenbereichen Empfehlungen für ein Maßnahmenpaket erarbeiten. Besonders erfreulich ist es, dass die zivilgesellschaftlichen Akteur*innen ebenfalls beteiligt sind und die Möglichkeiten, sich direkt und aktiv zu beteiligen, erweitert werden. Doch nicht nur das Bündnis bezahlbarer Wohnraum zeigt, wie wichtig die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure ist.

Zum Thema Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie empfehle ich folgenden Artikel.

In dem aktuellen Koalitionsvertrag finden Sie in dem Kapitel 2.3. unsere Vereinbarungen zum Thema Demokratie.

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